Roger Waters World Tour 2007 – The Dark Side of The Moon
16.04.2007, Köln, Köln-Arena

Als wir in die Halle kamen standen wir in einem dünnen Nebel, zwei Türen in den oberen Rängen standen auf, so dass die Sonne in einem dicken Strahl (wie ein Spot) auf das Publikum schien. Das Bühnenbild entpuppte sich als riesige Leinwand und war so realistisch, dass man zweimal hinsehen musste. Da stand ein altes Radio aus den 50er Jahren, darauf ein britisches Flugzeugmodell aus dem Krieg, links eine Flasche Whisky (Johnny Walker – mit dem Label nach hinten), ein halbgefülltes Glas, eine kleine Medizinflasche und ein voller Aschenbecher. Gegen 20:15 begann plötzlich Rauch aus dem Aschenbecher aufzusteigen. Eine Hand griff nach dem Whiskyglas und Rauch wurde ins Bild geblasen. Dann griff die Hand zum Abstimmknopf am Radio und stellte einen Sender ein, der ziemliche (unpassende) Rock’n’roll Musik der 50er spielte. Als das Lied zu Ende war, griff die Hand wieder zum Radio und stellte einen neuen Sender ein. Plötzlich ging das Licht aus und Roger Waters betrat die Bühne. Im Spotlicht hob er die Arme und fing an zu spielen. Alles fügte sich natürlich perfekt in den Film ein. Ohnehin war die ganze Show ein Film, eine Geschichte. So kennt man Roger Waters – den großen Geschichtenerzähler.

Es kamen nun einige große Stücke aus „The Wall“ und „Wish you were here“. Und hier setzte es zum ersten Mal ein, dieses Gefühl, der Hals schnürt sich zu, der Hals wird trocken und die Augen feucht. Wahnsinn, auch wenn das Gefühl von der CD noch intensiver ist – dieser Mensch ist in der Lage mit seiner Musik die Leute zu verzaubern. Natürlich nur, wenn man dafür offen ist – und das Publikum schien es zu sein. Übrigens lag der Altersschnitt bei 40 bis 50 Jahren …
Der typische Pink Floyd Sound – die typische Gitarre – wenn auch nicht die von David Gilmour – aber immerhin. Die Story war perfekt. Schon nach dem ersten Song regnete es Funken von der Decke, ein echtes Feuerwerk auf der Bühne. Die grandiosen Saxophonsoli und die Stimmen der Sängerinnen gingen echt unter die Haut. „Shine on Your Crazy Diamonds“ wurde zelebriert und bei „Have A Cigar“ liefen atemberaubende Bilder über die Leinwand. Immer wieder perfekt eingebettet in einen Film.

Ein Schwenk durch die echte Pink Floyd Zeit mit einem Video (alle 5 (!) an einem Strand mit aufgesetzten Masken, Vogelscheuchen und Kornfelder erinnern an „The Piper at the Gates of Dawn“) lies ein wenig Wehmut an die Gemeinsamkeit der Band aufkommen.
Dann ging es weiter über „The Final Cut“ zu „Amused to Death“ – ja, meinem Lieblingsalbum. „Perfect Sense“ – ja, perfekt und zum Heulen, plötzlich schwebte ein Astronaut in seinem Raumanzug durch die Halle. Das war ein kleiner Minizeppelin, der bis zur Bühne vor schwebte. Ein Stadion, ohne Spielfeld – anstatt ein riesiges Bassin mit zwei U-Booten, die sich gegenseitig vernichten. Das grandiose Spektakel endet mit einem riesigen echten Feuerball auf der Bühne.

Dann folgen ältere Stücke, aus „Ummagumma“ und bei „Animals“ – wie könnte es anders sein – fliegt ein überdimensionales rosa Schwein durch die Halle. Das nächste Stück kannte ich noch nicht – „Leaving Beirut“. 1959 – als 17jähriger ist Waters mit dem Auto nach Beirut gefahren und nach einer Autopanne zurückgetrampt. Diese Story wurde in einem Comic erzählt und die Texte standen entsprechend in den Sprechblasen. Über die Gastfreundschaft einer Beiruter Familie, die ihr Bett räumen und ihr letztes Essen geben – perfekt natürlich mit der Musik – auch hier immer wieder die Kritik an der Gesellschaft, an der Politik – und vor allem an uns selbst „…is gentleness too much for us?“.

Dann gab es eine „funfzeen minutes“ Pause. Während der Pause sah man dann schon den Mond auf der Leinwand aufgehen, langsam wachsend wurde er immer heller.
Nach 15 Minuten, die Hälfte der Leute war noch draußen, ging plötzlich ohne Vorankündigung das Licht aus und die wummernden Bässe von „Speak To Me“ kitzelten in der Brust. Wirklich – normalerweise gehen die tiefen Bässe in den Bauch – hier schlugen sie an die Brust. Und jetzt gab es das ganze „The Dark Side On the Moon“. Wie auf der LP wieder eine einzige Geschichte. Breathe, On the Run, Time – im perfekten Surround Sound. Wie die das nur machen… Die geniale Stimme der Sängerin bei „The Great Gig in the Sky“ – es gab 3 mal Zwischenapplaus – dann die restlichen Titel des Albums bis das ganze dann wieder fulminant im letzten Titel „The Dark Side of The Moon“ endet. Laserstrahlen tasten das Publikum ab und bilden eine Glocke, eine Hülle und schließlich erstrahlt das berühmte Prisma – über dem Publikum hängt es wie ein Damoklesschwert – und wieder explodieren Feuerbälle, gewaltige Gasblasen lassen die Bühne glühen. Gleißend geht das Konzert zu Ende und die Musiker gehen von der Bühne.

Spätestens jetzt hat keiner mehr gesessen und nach lang anhaltendem Applaus präsentiert Waters die Zugabe. Zuvor stellt er noch die Musiker vor – dann folgen noch etliche Stücke aus „The Wall“ – wieder perfekt mit Licht und Film inszeniert. Das Abschlussstück – fast schon erwartet ist „Another Brick in The Wall“ – mit Szenen der Berliner Mauer, Mauern in Palästina und ans Herz gehenden Bilder. Und dann fällt der „Vorhang“ aus sprühenden Fontänen, Funken spritzen wie Wasser in einem Springbrunnen. Das war’s.

Es dauert noch eine Weile bis man die Eindrücke verarbeitet. Aber dann sprudelt es heraus. Ein Wahnsinns–Erlebnis. Wenn auch nicht gerade billig (fast 80 Euro) aber jeder Cent davon ist es wert gewesen. Das war Roger Waters, das war aber nicht Pink Floyd. Auch die besten Gastmusiker können einen David Gilmour nicht ersetzen, keine Gitarre klingt so wie diese. Leider konnte ich dieses Mal keine Bilder machen, die Kamera musste ich am Eingang abgeben… Aber solche Bilder vergisst man nicht, die prägen sich eh‘ ein und leben in einem weiter.

Am nächsten Morgen, auf der Heimfahrt haben wir dann die beiden Pulse CD im Auto gehört. Naja, es ist noch eine kleine Dimension besser (weil noch Pink Floyd), vor allem die Stimme des mittlerweile schon 64jährigen Waters klingt weicher – liegen ja aber auch 12-13 Jahre dazwischen. Es war auf jeden Fall aber ein riesiges Erlebnis und so leicht sicher nicht zu toppen. Ist ja auch eine ganz andere Liga – das war wieder ein Stück Musikgeschichte, das waren Gefühle, das ist Musik, die unter die Haut geht.