Coldplay – MYLOXYLOTO Live

20.12.2011, Frankfurt Festhalle

Für 13 500 Fans fin­det Weih­nach­ten in die­sem Jahr ein paar Ta­ge früh­er statt. Nicht mit Schnee, aber mit ei­nem bun­ten Kon­fet­ti­re­gen aus Pa­pier­sch­met­ter­lin­gen. Mit Vi­deo­lein­wän­den, rund wie Christ­ba­um­ku­geln. Mit gi­gan­ti­schen Luft­bal­lons, die über den Köp­fen der Mas­se tan­zen. Mit schnei­dend schar­fen La­ser­strah­len, die den Raum in sei­ner gan­zen Höhe durchpflü­gen.

Und mit einem Zeremonienmeister, der die musikalischen Überraschungen wie kleine Springteufel aus den Päckchen schnellen lässt – bis die Fans sich geschlagen geben und staunen wie kleine Kinder unterm Weihnachtsbaum.
Der Brite Chris Martin und seine Band Coldplay verwandeln die Frankfurter Festhalle am Dienstagabend in ein knallbuntes Kinderland mit musikalischen Höhenflügen. Es ist ein großartiges Konzert der derzeit wohl erfolgreichsten, sanftesten Rockband der Welt. Selten war die Festhalle so vollgepackt, sogar hinter der luftigen Bühnenkonstruktion sind die Reihen besetzt. Doch es gelingt dem Frontmann zusammen mit seinen Kollegen Jonny Buckland, Guy Berryman und Will Champion, aus einem Hallenkonzert einen fröhlichen Kindergeburtstag für alle zu zaubern. Mit einer Show, die ihresgleichen sucht.
Gleich zu Beginn reiht sich ein Trumpf an den nächsten. Zu den ersten Klängen von »Hurts Like Heaven« vom neuen, fünften Album »Mylo Xyloto« verwandelt sich die Festhalle per Funk in ein Meer von blinkenden Leuchtarmbändern, die vorher an die ahnungslosen Besucher verteilt wurden. Zum herrlich melancholischen Mitsing-Song »Yellow« tanzen dann bereits bunte Luftballons durch die Halle wie überdimensionale Glückspillen, die aus der Packung purzeln. Totale Euphorie schon nach wenigen Minuten.

Hymnenband

Es folgen eineinhalb viel zu kurze Stunden, in denen sich Coldplay als wahre Meister der Massen beweisen. Das Große liegt ihnen. In den Gesten, wenn Chris Martin sich zu »In My Place« dreht, schraubt und windet wie ein Derwisch, um am Ende flach auf dem Boden zu liegen für eine Sekunde des Innehaltens. Aber natürlich auch in der Musik. Coldplay ist die Hymnenband schlechthin. Songs wie »Viva La Vida« brauchen Platz, um ihre emotionale Kraft voll entfalten zu können – und viele Kehlen, die jede Textzeile im Chor mitsingen. Im besten Fall – und das geschieht in Frankfurt – sind dann alle eins: die Band und ihre Fans gehen in der Musik gemeinsam auf.
Vor bunter Graffitikulisse spielen Coldplay an diesem Abend Klassiker aus der Gründungszeit in den späten 90ern, aber auch viele neue Hits wie »Paradise« oder »Every Teardrop Is A Waterfall«. Kraftvoll-rockig können sie sein, aber richtig spannend wird es in den ruhigeren Parts. Zur Ballade »The Scientist« setzt sich Martin an sein kleines, farbverschmiertes Klavier. Da ist nur Rhythmus und diese Stimme, die so schnell die Ebenen wechseln kann wie keine zweite – und sich in den Höhen direkt hineinpflanzt ins Herz. Unverwechselbar ist dieser Coldplay-Sound, und besonders schön, wenn er mal leicht bricht und Risse zeigt.
Das Quartett, das in den vergangenen Jahren 50 Millionen Alben verkauft hat, agiert routiniert, aber niemals abgebrüht. Eher wirkt es so, als hätten sie selbst den größten Spaß an dem Abend. Das Publikum wird lässig auf Deutsch zum »Hupfen« oder Klatschen animiert. Die richtige Mischung aus Power und Wohlgefühl bestimmt die bis ins letzte Detail durchdachte Show, die dennoch niemals steril wirkt. Am Ende singt Chris Martin einen Song aus fremder Feder: »White Christmas« entführt die Fans schließlich vollends ins Winterwunderland. Eine schöne Bescherung. 

Text: (c) Martina Himmer, https://www.main-echo.de/ueberregional/kultur/Knallbuntes-Kinderland-Coldplay-in-Frankfurt;art4214,1926604

Fotos: Mike Rupprecht

Ticketpreis: 75,25 € (Innenraum)